Persönlichkeit & Resilienz: Das Fundament innerer Stärke

Lily Rose Golebiowski, M. Sc. in Psychologie, über Persönlichkeitsmerkmale als innere Ressourcen, die Resilienz fördern am Beispiel der Geschichte von Teresa Enke.

Datum: 6. Mai 2025

Author: Lily Rose Golebiowski

Kategorien: Personality, Personality Assessments, Insights, metaArticle

Lily Sara

Persönlichkeit & Resilienz: Das Fundament innerer Stärke

In den letzten zehn Jahren haben sich die Fehltage aufgrund von Stress und psychischen Erkrankungen um mehr als 50 Prozent erhöht.[1] Im Jahr 2023 belegten psychische Leiden den dritten Platz für krankheitsbedingte Ausfalltage am Arbeitsplatz.[2] Allein Depressionen verursachen einen volkswirtschaftlichen Schaden von bis zu 22 Milliarden Euro pro Jahr.[3]

Immer mehr Unternehmen erkennen Resilienz als Schlüsselfaktor, um nicht nur das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter, sondern auch den wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens zu sichern. Aber was genau verbirgt sich überhaupt hinter diesem Begriff und wie können wir Resilienz gezielt fördern?

Von tiefem Schmerz zu emotionaler Stärke und Produktivität – am Beispiel von Teresa Enke

Teresa Enke ist die Witwe des ehemaligen Nationaltorwarts Robert Enke. Ihr Leben wurde von zwei schweren Schicksalsschlägen geprägt. Nachdem im Jahr 2006 ihre Tochter an einem schweren Herzfehler starb, nahm sich 2009 ihr Ehemann aufgrund einer depressiven Erkrankung das Leben. Im Jahr 2010 gründete Teresa Enke die Robert-Enke-Stiftung – eine gemeinnützige Organisation mit dem Ziel, über psychische Erkrankungen sowie Herzerkrankungen bei Kindern aufzuklären. Seither setzt sich die Stiftung vor allem dafür ein, das öffentliche Bewusstsein für mentale Gesundheit zu stärken und der Stigmatisierung psychischer Erkrankungen entgegenzuwirken. Teresa Enke hat ein tiefes emotionales Trauma erfahren, doch anstatt sich von ihrer Trauer überwältigen zu lassen, fand sie die Kraft, sich öffentlich zu engagieren und ihren Schmerz in eine Quelle der Produktivität umzuwandeln. Enkes Geschichte berührt viele Menschen. Vor allem aber ist ihre Stärke inspirierend und wirft eine zentrale Frage auf: Was befähigt Menschen dazu, auch inmitten schwerster Lebenskrisen handlungsfähig und produktiv zu bleiben, während andere von ihrem Schmerz überwältigt werden?

Resilienz als Schlüssel zur inneren Stärke – eine psychische Widerstandskraft

Die Fähigkeit, sich von belastenden oder traumatischen Erlebnissen zu erholen und trotz schwieriger Lebensumstände psychische Gesundheit aufrechtzuerhalten, wird als Resilienz bezeichnet.[4] Diese umfasst nicht die Abwesenheit von Verletzlichkeit, sondern die Fähigkeit, Stress und Widrigkeiten adaptiv zu überwinden, während gleichzeitig die normale psychische und physische Funktionsfähigkeit erhalten bleibt.[5][6] Resiliente Menschen verfügen über Strategien, persönliche Ressourcen und eine innere Haltung, die es ihnen ermöglicht, sich Herausforderungen zu stellen, handlungsfähig zu bleiben und Schmerz als Ausgangspunkt für persönliches Wachstum zu nutzen.[7]   Ein eindrucksvolles Beispiel für diese Form von psychischer Widerstandskraft ist Teresa Enke. Nach ihren tragischen Verlusten fand sie den Mut, öffentlich über das Thema mentale Gesundheit zu sprechen und Betroffenen eine Stimme zu geben. Welche Persönlichkeitsmerkmale ermöglichen eine derart konstruktive Bewältigung tiefgreifender Lebenskrisen?

Innere Stärke sichtbar gemacht – Teresa Enke im Licht der Hogan Dimensionen

Hogan Potentiale: Stärken und Schwächen im Alltag (Hogan Personality Inventory)

 Ausgeglichenheit: Statt in Verzweiflung zu versinken, bewahrte sie emotionale Stabilität und entschloss sich, aus ihrem Schmerz heraus etwas Sinnstiftendes zu schaffen.

  • Die Fähigkeit zur Akzeptanz erlaubt ihr die Einsicht, dass nicht alles im Leben kontrollierbar ist, gepaart mit der Kraft, loszulassen und sich flexibel an neue Situationen anzupassen.
  • Ihr Optimismus spiegelt sich in der Fähigkeit wider, trotz persönlicher Rückschläge eine hoffnungsvolle und positive Zukunftsperspektive zu bewahren. Die Gründung der Stiftung war somit nicht nur ein Akt des Gedenkens, sondern auch ein Ausdruck des Glaubens daran, mit ihrem Engagement Betroffenen und Angehörigen helfen zu können.

Besonnenheit: Auch inmitten tiefgreifender persönlicher Krisen ließ sie sich nicht von negativen Emotionen überwältigen und bewahrte Ruhe.

  • Ihre geringe emotionale Reizbarkeit ermöglichte es ihr, eine innere Balance zu bewahren. Sie blieb gewissenhaft, kontrolliert, handelte mit Bedacht und einem klaren Kopf.

Ambition: Durch ihren inneren Antrieb und der damit einhergehenden Energie, ergriff sie die Initiative, eine Stiftung zu gründen und übernahm dabei eine Führungsrolle, statt sich zurückzuziehen.

  • Dieser mutige Schritt erforderte nicht nur Engagement, sondern auch Führungsstärke.
  • Dabei übernahm sie Verantwortung und stellte sich der Hausforderung, das Schweigen und die Stigmatisierung rund um bislang tabuisierte psychische Erkrankungen zu überwinden und Veränderung zu bewirken.
  • Zugleich zeigt sich in ihrem Handeln ein starkes Selbstwirksamkeitserleben – der Glaube an die eigene Fähigkeit, schwierige Situationen zu bewältigen und etwas zu bewirken.
  • Sie handelte sie handlungs-, ziel- und lösungsorientiert, geleitet von einer klaren Vision.

Einfühlungsvermögen: Trotz ihrer eigenen schwierigen Lebenssituation scheint nie den Blick für andere zu verlieren und zeigt sich empathisch.

  • Durch die Stiftung und ihre Öffentlichkeitsarbeit bietet sie Betroffenen sowie deren Angehörigen langfristige Unterstützung.

Soziale Umgänglichkeit: Die Fähigkeit, offen und einfühlsam mit anderen in Kontakt zu treten sowie auch in herausfordernden Situationen wirkungsvoll zu kommunizieren fördert den Aufbau eines stabilen Unterstützungsnetzwerks.

  • Teresa Enke entschied sich bewusst dazu, ihre persönliche Geschichte öffentlich zu teilen und übernahm damit eine aktive Rolle im öffentlichen Diskurs.
  • Ihre gesellschaftliche Gewandtheit ermöglicht es ihr, ein Vertrauensverhältnis zu schaffen und Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen.
  • Sie fördert den Gedankenaustausch über mentale Gesundheit und ermutigt zur Offenheit, um ein Thema von großer gesellschaftlicher Relevanz emotional greifbar zu machen.

Wissbegierde und Lernansatz: Beide Eigenschaften tragen dazu bei, Herausforderungen als Lerngelegenheiten anzunehmen, um sich kontinuierlich weiterzuentwickeln.

  • Sie setzt sich intensiv mit psychischen Erkrankungen auseinander, sucht aktiv den Austausch mit Fachleuten und bildet sich stetig weiter, aus persönlichem Interesse, aber auch, um ihrer Verantwortung als Stiftungsgründerin gerecht zu werden.

Hogan Werte: Grundwerte, Ziele und Interessen (Motives, Values, Preferences Inventory)

Selbstlosigkeit: Das Bedürfnis, anderen zu helfen, die Gesellschaft zu verbessern und den weniger Glücklichen zu helfen

  • Sie überwand ihr eigenes Leid und wandelte ihre eigene Trauer in eine Vision um, um anderen Betroffenen Unterstützung zu bieten

Verbundenheit: Das Bedürfnis nach regelmäßigem und abwechslungsreichem sozialem Kontakt

  • Teresa zeigt eine ausgeprägte soziale Kompetenz. Dies ist wichtig, um in schwierigen Situationen Unterstützung zu suchen und tragfähige soziale Beziehungen zulassen zu können.

Tradition: Die Sorge um Moral, familiäre Werte und Pflichtergebenheit

  • Ihre starke Verbindung zu Tradition wird insbesondere in Bezug auf familiäre Werte und Verantwortung deutlich. Ihr Engagement für die Stiftung sowie ihre moralischen Überzeugungen beruhen auf einem ethischen und verantwortungsbewussten Grundverständnis, das mit klassischen Werten wie Fürsorge und Pflichtbewusstsein einhergeht.
  • Eine Orientierung anTradition sowie ein klar verankertes ethisches Werteverständnis geben zusätzlichen Halt und fördern ein ausgeprägtes Verantwortungsgefühl.

 

Take-Home-Message

Die Geschichte von Teresa Enke ist ein eindrucksvolles Beispiel für Resilienz. Sie verdeutlicht, wie Persönlichkeitsmerkmale als innere Ressourcen maßgeblich beeinflussen, wie Menschen mit tiefgreifenden Krisen umgehen. Unsere Assessments bieten die Möglichkeit, solche Persönlichkeiten zu identifizieren. Außerdem kann Resilienz erlernt und kontinuierlich gefördert werden[8], um psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu sichern. Wir bieten maßgeschneiderte Zertifizierungen, Workshops und Coachings an und stehen Ihnen gerne zur Beratung zur Verfügung!

 

Quellen: 

[1] https://www.iges.com/kunden/gesundheit/forschungsergebnisse/2024/psychreport-2024/index_ger.html

[2] https://www.iges.com/kunden/gesundheit/forschungsergebnisse/2024/psychreport-2024/index_ger.html

[3] https://www.fr.de/wissen/milliarden-euro-schaden-durch-depressionen-11421048.html?utm_source

[4] Herrman, H., Stewart, D. E., Diaz-Granados, N., Berger, E. L., Jackson, B., & Yuen, T. (2011). What is resilience?. The Canadian Journal of Psychiatry56(5), 258-265.

[5] Russo, S. J., Murrough, J. W., Han, M. H., Charney, D. S., & Nestler, E. J. (2012). Neurobiology of resilience. Nature neuroscience15(11), 1475-1484.

 

[6] Rutter, M. (2012). Resilience as a dynamic concept. Development and psychopathology24(2), 335-344.

 

[7] Southwick, S. M., & Charney, D. S. (2012). The science of resilience: implications for the prevention and treatment of depression. Science338(6103), 79-82.

[8] McAllister, M., & McKinnon, J. (2009). The importance of teaching and learning resilience in the health disciplines: a critical review of the literature. Nurse education today29(4), 371-379.